Supersync / by Andrew B. Powers

Blitzen jenseits der Synchronzeit

Moderne digitale Spiegelreflex-Kamera (DSLRs) verwenden zur Steuerung der Belichtungszeit einen mechanischen Verschluss. Dieser öffnet sich mit der eingestellten Zeit für die Belichtung um Licht auf den Bildsensor gelangen zu lassen und schliesst sich nach Ablauf der Belichtungszeit wieder lichtdicht. Der Verschluss aktueller Kameras besteht dabei unteranderem aus zwei Vorhängen, die nacheinander ablaufen. Nach dem Auslösen startet der erster Vorhang, gibt den Sensor frei und es wird die Belichtungszeit gestartet. Damit die gewählten Belichtungszeit auch eingehalten wird, setzt sich kurz vor Ende dieser, der zweite Vorhang in Bewegung um den Sensor wieder komplett zu verdeckt. In dem folgenden Video kann man sehr gut erkennen wie sich der Vorhang des Nikon D3s-Verschlusses, bei den Verschlußzeiten von einer 1/100 Sekunde, sowie einer 1/1000 Sekunde verhält:

This is what it looks like when a photo is taken with a Nikon D3s. The mirror flips up, the shutter curtain opens and closes, then the mirror flips back down. This video was filmed with a Redlake N3 high speed camera at 1454 frames per second.

Da sich die mechanischen Verschlüsse nicht beliebig schnell öffnen und schliessen lassen, kommt das beschriebe Prinzip bei sehr kurzen Belichtungszeiten recht schnell an seine Grenzen. Auf dem Video kann man gut erkennen, dass sich die Vorhänge bei der Belichtungszeit von einer 1/1000 Sekunde ganz anders verhalten. Zu Beginn der Belichtung öffnet sich der erste Vorhang und gibt den Bildsensor zunehmend frei. Bevor der erste Vorhang den Sensor vollständig freigegeben hat, beginnt der zweite Vorhang bereits zu schliessen. Da der erste Vorhang noch nicht vollständig geöffnet ist wandert jetzt ein geöffneter Schlitz von oben nach unten über das Bild. Mit kürzer werdender Belichtungszeit wird dieser Schlitz natürlich schmaler. Deshalb wird diese Art von Verschluss auch Schlitzverschluss genannt.

Wenn nun ein Bild mit einem Blitzlicht ausgeleuchtet werden soll, muß der Blitz wegen der sehr kurzen Leuchtdauer genau im richtigen Moment gezündet werden und zwar dann, wenn der erste Vorhang vollständig geöffnet ist, der Sensor komplett freigegeben wurde und beleuchtete werden kann. Deshalb können nur Belichtungszeiten verwendet werden, bei dem die beiden Vorhänge des Verschlusses nicht als "Schlitz" arbeiten, da sonst dunkle Balken auf dem endgültigen Foto zu sehen sind. Diese kürzeste wählbare Belichtungszeit wird Blitzsynchronzeiten, Synchronzeit oder auch X-Sync genannt. Typische Blitzsynchronzeiten von Kameras mit Schlitzverschluss liegen zwischen 1/160 Sekunde und 1/320 Sekunde. Diese Zeit umfassen die Zeiten, in der die Vorhänge vollständig geöffnet sind und die Bewegungszeit der Vorhänge.

Unterhalb dieser spezifischen (Blitzsynchron-) Zeit funktioniert also alles problemlos mit Systemblitzen auf der Kamera oder Studio-Blitzgeräten. Was aber was gibt es für Möglichkeiten wenn man kürzer Belichten möchte als 1/160s, 1/250s oder 1/320s, weil man z.B. gerne aus gestalterischen Gründen und trotz genügender Umgebungshelligkeit mit einer weit geöffneter Blende fotografieren, aber keinen Graufilter verwenden möchte, bzw. zur Hand hat!?

Lösung Nr. I
Die meisten Systemblitze besitzen eine Technik, der das Problem mit dem einem simplen Trick löst. Anstelle eines einzelnen Blitzes, wird der Blitz in eine Art schnelles "Flackerlicht" verwandelt und blitzt kontinuierlich, während der Spalt zwischen den beiden Verschlussvorhängen über den Sensor fährt. Dieses Modus wird bei Canon mit HSS und bei Nikon mit FP bezeichnet. Der Vorteil liegt auf der Hand, dass Bild absolut gleichmäßig ausgeleuchtet. Damit hört es dann aber schon auf. Weil der Blitz sehr oft innerhalb einer sehr kurzen Zeit aufleuchten muß, sind die Leistungseinbußen exorbitant. Außerdem bieten diese Technik nur teure Systemblitzgeräte an, die HSS-/FP-fähig sind, die Blitzröhren werden dabei sehr stark beansprucht und vor allem aber müssen deutlich mehr Informationen zwischen Kamera und Systemblitz ausgetauscht wird, als ein simples “jetzt auslösen!”.

Lösung Nr. II
Mobile Blitzgeneratoren oder Studioblitze sind nicht HSS-/FP-fähig. Trotzdem wäre es natürlich angenehm, wenn man auch diese schneller als mit der Blitzsynchronzeiten verwenden kann. Genau für dieses Problem bietet das Prinzip von Supersync die gewünschte Lösung. Ursprünglich wurde das ganze per Zufall entdeckt, als ein Studioblitz über Fotozelle mit dem TTL-Aufsteckblitz gezündet wurde. Dabei stellte sich heraus, dass es vorkommen kann, dass der Studioblitz eben genau über den Zeitraum der eigentlichen Schlitzverschlussbelichtung abblitzt. Aber genau hier liegt der Hund begraben... es KANN vorkommen, es muß aber nicht!

Das Prinzip von Supersync ist recht einfach erklärt. Hierzu sollte man allerdings etwas über die benötigte Technik wissen:

Mit das Wichtigste sind die TTL-Funkauslöser. Diese funktionieren etwas anders, also normale Funkauslöser und senden  normalerweise zunächst einen "Messblitz" zur Blitzbelichtungsmessung aus. Bei Supersync wird aber mit diese Messblitz "aus Versehen" der Studioblitz gezündet, der mit einer gewissen Dauer abbrennt. Danach fängt auch die Kamera ihre Belichtung an. Eigentlich würde nach dem TTL-Messblitz, erste jetzt der Hauptblitz gezündet. Bei diesem Verfahren wurde der Studioblitz aber schon ausgelöst und brennt genau in dem Moment ab, während der erste Vorhang des Verschlusses vollständig geöffnet ist. Das Ergebnis, ein korrekt belichtetet Sensor. Wichtig ist daher ein sehr genaues Timing, welches von verschiedene Faktoren beeinflusst wird, wie z.B. die Abbrennzeit und die Charakteristik Abrennkurven des Studioblitzes, Geschwindigkeit bei der Übertragung und Verarbeitung der Signale, Belichtungszeit an der Kamera, sowie Sensorgröße und Geschwindigkeit des Verschlusses. Damit wird deutlich, dass Supersync nicht immer funktionieren kann und man einfach ausprobieren muß. Ein Blitz der "langsam" (dennoch viel zu kurz für das menschliche Auge) abbrennt, ist aber schon einmal eine gute Basis, wie man an den folgenden Diagrammen erkennen kann.

Die Kurve stellt die Abrennkurve des Blitzes da und der graue Balken die Zeit, welche die Kamera für die Belichtung benötigt. Der Wert für die Belichtungszeit ist fix. Da sich der Vorhang von unten nach oben bewegt, ist auch der Abfall bei der Belichtung gut zu erkennen.

Ein schnell abbrennender Blitz hat immer auch einen extremen Leistungsabfall. Je schneller die Blitzröhren, desto weniger sind diese für das Supersync-Prinzip geeignet, da der Belichtungsabfall viel zu groß ist.

Je langsamer also ein Blitz abbrennt, desto besser. Selbst bei nur etwas weniger Geschwindigkeit wird der Belichtungsabfall schon enorm entschärft.

Bei einem Blitz mit einer langsamen Blitzröhre wird genau der Effekt erreicht, der gewünscht ist. Eine fast einheitliche Belichtung. Von Elinchrom eignet sich gerade noch der Ranger Quadra Modelle mit Standard-Kopf (S-Head) hierfür. Die Abbrenndauer der Action-Serie ist schon viel zu schnell. Allerdings funktioniert das Ganze scheinbar auch nur bei voller Leistung, da diese scheinbar über die Leuchtdauer geregelt wird.

Das Jinbei FL-II Porty Blitz-Set inkl. Standard-Blitzkopf ist allerdings ganz hervorragend für Supersync geeignet. Scheinbar ist die Abbrenndauer des Jinbei Porty so lang, daß man über alle Leistungsstufen fast beliebig kurze Belichtungszeiten wählen kann. Dabei macht sich weder ein großer Energieverlust bemerkbar, noch ein wirklich sichtbarer Verlauf. Einfach perfekt! Zusammen mit dem Yongnuo YN-622C E-TTL II Funk-Blitzauslöser, eine absolute Traumkombination.

Falls doch noch sehr leichte Verläufe bei manchen Zeit-/Leistungs-Kombinationen auftreten sollten, können diese problemlos mit einem Verlaufsfilter in Lightroom korrigiert werden.

Supersync ist einfach klasse und bietet unglaublich großes Potential in Sachen Ausleuchtungen und Bildgestaltung. Außerdem haben langsame Blitze endlich wieder eine Daseinsberechtigung.